Welche Weiterbildung ist sinnvoll?

Meine Kundin kam im Frühjahr 2013 vom Bildungsträger mit einem Angebot, für 3000,- Euro SAP zu lernen. Das sei ihr dringend empfohlen worden, das sei heute Standard. Ursprünglich hatte die Kauffrau die SAP-Idee von der Arbeitsagentur. Wie können Sie herausfinden, ob diese oder eine andere Weiterbildung sich für Sie rentiert?

Investition in Bildung lohnt sich

Eine Investition in die eigene Bildung wirft mehr Rendite ab, als wenn Sie Ihr Geld in Gold oder Aktien anlegen (hier können Sie mehr dazu lesen). Dennoch gilt selbstverständlich, dass es möglichst die richtige Weiterbildung sein sollte.

Im Beispiel suchte die Kauffrau als Sachbearbeiterin Innendienst / Vertrieb. Welche Kompetenzen braucht sie, um am Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein? Was sagt der Stuttgarter Karriereberater dazu? Ganz einfach: Ich richte mich nach dem Markt. Und der ist in Form von Stellenangeboten weitgehend öffentlich einsehbar. Meine Vermutung vor der Marktrecherche war, dass SAP ohne Englisch wenig bringt. Größere Unternehmen (nur solche haben SAP im Einsatz) kommunizieren in der Regel auf Englisch – so meine Logik. Sie trifft z.B. für Sachbearbeiter im Einkauf zu.

Der Markt entscheidet

So logisch meine Vermutung  auch in Bezug auf den Vertrieb war, so wenig traf sie auf die Realität zu. Eine Auszählung mehrerer Dutzend Stellenanzeigen erbrachte das Ergebnis, dass in genau null Prozent der Fälle beides, nämlich SAP und Englisch verlangt war. SAP ohne Englisch kam in immerhin 13 Prozent der Fälle vor. In je 43 Prozent der Anzeigen wurde entweder nur Englisch (also kein SAP) verlangt oder keine der beiden genannten Qualifikationen. Für mich verblüffen. Für andere auch? Ich bat einige Kollegen, eine Schätzung abzugeben. Sie lagen ähnlich daneben, wie ich. Die gezielte Marktrecherche lohnt sich also, selbst für Karriere-Experten.

So recherchieren Sie Ihr Bildungsprojekt

Bildungsträger wollen Bildung verkaufen. Die Arbeitsagentur betreut viele Kunden. Beide Institutionen bringen daher Aussagen hervor, die der Ergänzung bedürfen. Recherchieren Sie also selbst! Nach oben genanntem Muster können Sie vorgehen. Im nächsten Schritt schauen Sie sich die Stellenanzeigen genauer an: Was wird sonst verlangt? Welche Voraussetzungen erfüllen Sie?

Meine Grundfrage zielte ja auch auf mehrere Voraussetzungen, die üblicherweise verlangt werden. Konkret: Bringt es etwas, SAP zu können, wenn das Englisch nicht ausreicht? Einerseits ja, denn SAP wird auch ohne Englisch nachgefragt. Andererseits eher nein, denn nur 13 Prozent der ausgeschriebenen Stellen verlangen SAP. Wenn man genauer sortiert, kann das noch weniger werden. Vielleicht werden andere Voraussetzungen (z.B. Branchenerfahrung) nachgefragt, die fehlt. Außerdem könnte es sein, dass die theoretische Weiterbildung nicht ausreicht, sondern Berufserfahrung gefordert ist. Dann brächte die Weiterbildung wenig.

Lassen Sie daher auf die quantitative Auszählung eine qualitative Analyse folgen. Lesen Sie sich die Anzeigen im Detail durch. Fragen Sie die Personalentscheider der Unternehmen an, ob eine bestimmte Qualifizierung Ihnen entscheidende Bewerbungsvorteile verschaffen würde. In vielen Fällen werden Sie hören “Nein, das bringen wir Ihnen vor Ort bei”. Oder: “Nein, wir entscheiden nach anderen Kriterien”. Danach sind Sie schlauer.

Sollten Sie arbeitslos sein und die Qualifizierung wird von der Agentur für Arbeit übernommen, wird die Entscheidung leichter. Nur in wenigen Fällen schadet Ihnen eine Qualifikation (lesen Sie dazu demnächst einen Blogartikel).

Tipps und generelle Empfehlung

Noch einmal als Tipp der Ablauf der Recherche:

1.) Sammeln Sie Stellenangebote für Ihre Zielposition (sollten Sie zu wenig finden: Erweitern Sie die Region)

2.) Legen Sie eine Tabelle mit den wichtigsten Qualifikationen an

3.) Zählen Sie aus, was verlangt wird

4.) Lesen Sie die in Frage kommenden Angebote genau

5.) Rufen Sie bei Unternehmen an und fragen Sie konkret nach dem Nutzen einer Weiterbildung in Ihrem Fall

Grundsätzlich gilt: Ein Computer-Programm ist in vielen Fällen schnell zu erlernen. Eine Sprache nicht. Wenn es also irgend geht, halten Sie Ihre Fertigkeit in Englisch oder anderen Fremdsprachen auf dem Laufenden. Meine Kundin fand letztlich eine Stelle, die weder SAP, noch Englisch verlangte – aber auch nicht im Vertrieb angesiedelt war.

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