Kündigung: Armin Veh und die Frage "Wann darf ich gehen?"

Der Trainer des VFB Stuttgart, Armin Veh, reichte bei seinem Ex-Arbeitgeber die Kündigung ein. Er brach mit dem Gesetz, dass die Bundesliga-Clubs ihre Trainer schassen. Dies löste erfreulicherweise eine Debatte zur Frage aus: Wann dürfen und sollten Angestellte kündigen? Hier die Antworten aus Sicht der Karriereberatung.

Angestellte dürfen grundsätzlich kündigen

Armin Veh durfte, wie jeder Angestellte auch, selbst kündigen. Arbeitsverträge sehen meist die gleichen Fristen für die Kündigung seitens des Arbeitgebers wie des Arbeitnehmers vor.

Lange Zeit war die Kündigung durch die Arbeitnehmer allgemein verpönt. Dabei ist sie nur das Freiheitsmoment des abhängig Beschäftigten. Solange der Arbeitsvertrag besteht, muss er oder sie machen, was der Chef will. Denn er arbeitet “weisungsgebunden”. Durch die Kündigung erlangt er seine Entscheidungsgewalt zurück (und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers endet mit Ausstellung des Arbeitszeugnisses).

Insofern ist Armin Veh ein Vorbild: Immer noch denken zu wenige qualifizierte Fachkräfte an die Möglichkeit, selbst zu gehen. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man die eigene Qualifikation aktuell gehalten hat (und daher auf dem Arbeitsmarkt ausreichend begehrt ist).

Kündigung ja: Mit Anschlussjob

Armin Veh hat gekündigt und ist ab sofort arbeitslos. Er bekommt zunächst kein Arbeitslosengeld, denn er hat den Versicherungsfall “bin arbeitslos” selbst herbeigeführt. Nach drei Monaten endet diese Sperrzeit. Während Veh das Geld vielleicht nicht nötig hat, müssen andere rechnen.

Dennoch dürfte allgemein etwas anderes wichtiger sein: Der Eindruck bei künftigen Bewerbungen. Der Arbeitnehmer hat sich selbst seiner Pflichten entledigt. Und der legitime Grund dafür, dass er sich nämlich in die Dienste eines neuen Chefs gestellt hat, entfällt. Er hat sozusagen gegen das System revoltiert. Wer den Touch der Revolution mitbringt, muss schon exquisite Leistungen vorzeigen können, um für künftige Chefs trotzdem interessant zu sein. Außerdem: Wahrscheinlich ist er im alten Job doch gescheitert – selbst wenn er offiziell aus freien Stücken ging. Zu allem Überfluss keimt der Argwohn auf, er könnte es beim neuen Arbeitgeber ebenso machen und einfach gehen, wenn es ungemütlich wird.

Das alles spricht eindeutig gegen ihn. Deshalb ist es im Regelfall anzuraten, sich zunächst eine neue Stelle zu suchen und erst dann zu kündigen. Das erhöht überdies die Chance, den nächsten Job in Ruhe auszuwählen und verbessert die Position bei der Gehaltsverhandlung.

Besser gehen, bevor die Gesundheit leidet

Aus ärztlicher Sicht ist ein Bundesliga-Trainerjob wohl in keinem Fall anzuraten. Ohne das beträchtliche Maß an Selbstbestimmung des Cheftrainers wäre der Stress wahrscheinlich gar nicht auszuhalten. Inwiefern die Zustände beim VFB für Veh unerträglich wurden, kann nicht von außen beurteilt werden.

In jedem Fall sollte es als allgemeine Lebensregel gelten, dass die Gesundheit gegenüber der Karriereplanung den Vorrang hat. Wann die eigene Unversehrtheit bedroht ist, gilt es im Einzelfall herauszufinden – im Zweifel mit Hilfe eines professionellen Coachs /Karriereberaters.

Häufigerer Wechsel passt in manchen Branchen

Im Trainergeschäft ist der Vereinswechsel auch nach kurzer Zeit üblich: Sobald ein paar Spiele verloren sind, geht in den meisten Vereinen das große Stühlerücken los. Immer wieder verwunderlich: Wer gerade bei Verein x entlassen wurde, soll nun für Club y der Retter sein. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass der Bundesliga-Trainerjob am besten von Trainern geleistet werden kann, die im aktuellen Geschehen involviert sind.

Eine andere Branche, in der es möglichste vielfältige Erfahrung zu sammeln gilt, wäre die Gastronomie. Was allgemein weiterhilft, ist die Regel: Wer unvorhergesehen arbeitslos wird, dem winkt ein Bewerbungserfolg am ehesten dort, wo der mögliche künftige Job dem alten gleicht.

Kündigung bei Künstlern erlaubt

Trainer der Fußball-Bundesliga erreichen häufig Kult- und Künstlerstatus. Wer das geschafft hat, bekommt immer wieder einen Job, was sicher auf Armin Veh zutrifft. Es gibt eine Reihe an Trainern, die trotz Versagens immer wieder ein Engagement fanden.

Schlichte Typen ohne Ausstrahlung dagegen haben es schwer. Am stärksten drängt sich hier wohl der Name Jens Keller auf. Eigentlich war der Ex-Schalker recht erfolgreich. Aber alle Welt nörgelte an ihm herum. Felix Magath dagegen durfte für viele Millionen Auswechselspieler auf die Bank setzen, bevor dies ernstlich an seinem Ruf kratzte.

Tabu: Kündigung als Flucht aus der Verantwortung

Armin Veh wusste es oder hätte es wissen müssen: Der VFB hat in den letzten Jahren ein immer heißeres Pflaster für seine Chef-Coachs aufgelegt. Frei von Konzept, ohne Sinn und Verstand wurden Trainer eingestellt und entlassen. Immer wieder sollte der Neue der Richtige sein. Die Spieler stimmten brav ins hohe Lied auf den aktuellen Heilsbringer ein – solange er da war. Zuletzt musste dann doch auch Sportdirektor Fredi Bobic den Hut nehmen, der den ganzen Zirkus wesentlich zu verantworten hatte.

Armin Veh war das alles bekannt. Und er verließ dennoch ohne Not Eintracht Frankfurt, wo er jahrelang erfolgreich und ruhig arbeiten konnte und kam ausgerechnet hierher.

Flucht aus der Verantwortung kommt bei keinem zukünftigen Arbeitgeber gut an. Wer immer Armin Veh in Zukunft anheuern wird: In den Vorstellungsgesprächen wird sein Abgang aus Stuttgart ein Thema sein, für das er sich rechtfertigen muss. Da geht es ihm so, wie jedem anderen Arbeitnehmer nach einer Kündigung auch, zumal beim Abgang ohne Anschlussjob.

Bleibt zu hoffen, dass Veh dann (unter vier Augen) einen guten Grund für seinen Abtritt präsentieren kann.

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