Lernen vom echten Lehrer – ein Auslaufmodell?

Wer heute eine Weiterbildung sucht, bekommt es immer öfter mit neuen Lernformen zu tun. Wo früher ein Lehrer stand, finden Sie heute einen Computer vor. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Lernen früher – lernen heute

Früher war die Sache klar: Wer in die Schule ging, traf dort einen Lehrer an. Dieser kannte den Stoff und vermittelte ihn persönlich. Ein Mensch zum Anfassen, mit Stärken und Schwächen. Zum Vorbild oder als Reibungsfläche taugend. Heute haben Sie immer selterner das Glück, in Ihrer Weiterbildungseinrichtung eine leibhaftige, unterrichtende Person anzutreffen. Viele Seminare finden mittels Computer statt. Dort sind Lernprogramme eingerichtet. Oder es sitzt irgendwo in Deutschland ein Dozent am Computer und chattet mit Ihnen. Wie kam es dazu?

Phase 1: Eine wunderbare Geschäftsidee

Vor einigen Jahren saß irgendwo in Deutschland ein Hänschen Schlau, Chef der Firma “Schlau und mehr GmbH”. Herr Schlau sagte sich: “Immer wieder schickt mir das Arbeitsamt (sic!) Leute, deren Wünsche ich nicht bedienen kann. MS Word Anfänger, dieser Kurs kommt ja meist zustande, ich habe genug Anfragen. Aber bei den Word-Fortgeschrittenen sieht es schon anders aus. Von PowerPoint oder Access ganz zu schweigen. Da erreicht mich kaum mal eine Anfrage. Und wenn das einer lernen will, kann ich ihm nicht weiter helfen, weil keine Gruppe zustande kommt. Das Geschäft geht mir verloren. Richtig pfiffig wäre es aber, wenn ich ein Lernprogramm im Computer vorrätig hätte. Das muss ich nur einmal für alle Zeiten – oder zumindest bis zum Programmwechsel bei Microsoft – klarmachen. Und schon kann ich alle bedienen, die etwas bei mir lernen wollen.”

Als Hänschen Schlau soweit war, kam er ins Grübeln: “Was tun, wenn das Arbeitsamt (sic!) einen Lehrer sehen will? Hm….”. Doch dann übersprang er auch diese Hürde: “Heureka, ich hab’s! Ich engagiere einen Universal-Lehrer. Der muss sich nicht in allem auskennen. Den nenne ich ‘Lernbetreuer’ und der betreut alle, die bei mir etwas lernen. Egal was!” Gesagt getan. Die Geschäfte liefen glänzend. Die Arbeitsagentur, wie das Amt jetzt hieß, schließlich wollte es nicht mehr so muffig klingen, war begeistert. Dieser Herr Schlau war ein potenter Partner. Er bediente einfach alle Wünsche, an jedem x-beliebigen Montag, wundervoll.

Phase 2: Die Idee verkehrt sich gegen ihren Erfinder

Doch auch die Arbeitsagentur beschäftigte einen ehrgeizigen und begabten Mitarbeiter: Herrn Hans Oberschlau. Dieser war ebenfalls fasziniert von den neuen Möglichkeiten. Er fand: Hänschen Schlau und seine Nachahmer gaben einen tollen Takt vor. “Da will ich mitmachen! Nein, ich kann das sogar besser!”, rief Herr Oberschlau. “Wozu eigentlich,” fragte er sich, “bezahlen wir die Schlau GmbH jedes Mal für dasselbe Programm? Obwohl es gar nicht neu ist? Wir könnten doch einfach auch ein Computer-Lernprogramm auflegen. Mittels Internet loggen sich alle unsere arbeitslosen Kunden bundesweit ein. Sie lernen dort alles, was es bei Hänschen Schlau gibt und noch viel mehr und genauso zu jeder Tages- und Nachtzeit. Den Meister Schlau brauchen wir eigentlich gar nicht mehr. Aber, nette Idee, Hänschen, danke!”

Zwischen-Fazit

Wir sind heute an einem Punkt angelangt, an dem es alles parallel gibt. Wo ausreichend große Kurse zusammen kommen und sich Bildungsleute dafür einsetzen, findet Life-/Präsenzunterricht statt. Häufig dieselben Bildungsanbieter führen verschiedene Formen des Lernens per PC durch. Die Arbeitsagentur gibt Zugänge zu ihrer Lernplattform heraus. Dramatische Entwicklungen wie das Einstellen von hervorragenden Präsenz-Englisch-Kursen zugunsten eines Online-Zugangs, werden hoffentlich rückgängig gemacht.

Was können Sie tun?

Achten Sie bei der Suche nach einer Weiterbildung auf die Lernform. Lassen Sie sich vor Ort erklären, wie der Anbieter Lernen organisiert. Wer hilft Ihnen bei Problemen? Wie viele andere lernen das gleiche mit Ihnen? Sprechen Sie mit Teilnehmern, die gerade ein Seminar belegen und fragen Sie diese nach ihren Erfahrungen.

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