Berufsorientierung: Blicksta im Selbsttest

Mit Spannung erwartet, ist Blicksta nun da. Ein kostenloser Service, der Jugendliche bei der Berufs- und Studienwahl begleitet. Was taugt er? Ein Selbstversuch. [Blicksta ist inzwischen eingestellt – Nachtrag 2017]

Bessere Berufswahl ist nötig

Nachdem ich vor einigen Monaten bereits den damals neu an den Start gegangenen Studieninteressentest (SIT) ausprobiert und darüber berichtet hatte, ist nun Blicksta an der Reihe. Was ist Blicksta? Wesentlich mehr, als ein einfacher Test, erlaubt es, seine Interessen, seine Persönlichkeit und seine Intelligenz zu erkunden. Das alles sollte in die Berufswahl einfließen, ein sehr richtiger Gedanke.

Auf einer Überblicksseite finden sich Kacheln für die Noten in wichtigen Fächern. Das Portal bietet umfangreiche Informationen zu Berufen und Ausbildungen. Und man kann diese auf der einen Seite und die eigenen Interessen auf der anderen zusammenbringen (“matchen”). Zusammengefasst ist Blicksta ein “Zukunftsentscheidungsvereinfacher” (Eigenwerbung). Es bringt Tests, Infos und Angebote zusammen, alles ist nur einen Klick weg – hervorragend. Ein Angebot, das zweifellos innovativ und heute nötig und sinnvoll ist (vgl. dazu die Blogparade zur Berufsorientierung).

Selbsttest: Mäßiges Ergebnis

Meine Idee, wie schon beim SIT: Ich habe vor Jahren mein Fach gefunden, das Studium der Psychologie. Meine damalige Entscheidung würde ich jederzeit wieder genau so treffen. Wenn ich heute einen Test zur Berufsorientierung bearbeite, müsste also dieses Fach empfohlen werden. Und wenn nicht: Wie weit liegen die Empfehlungen von dem weg, was meiner Ansicht nach passt?

Neugierig bearbeite ich den Interessentest bei Blicksta. Nach zwanzig Minuten lobt mich das Portal für meine Mühe – ein erfreulicher Moment! Das Angebot, mir Berufe anzeigen zu lassen, nehme ich sofort neugierig wahr und beginne bei den Ausbildungsberufen.

Erstaunt nehme ich zur Kenntnis, was mir Blicksta nahelegt: Sportlehrer, Fußballtrainer, Reitlehrer, Fitnesstrainer. Weiterhin will mich Blicksta mit Yoga, Tennis, Ski, Tanz oder Gymnastik verbandeln. Wie ich mir diese sportliche Seite eingefangen habe? Keine Ahnung. Alles passt wenig, aber vielleicht liegt es daran, dass Psychologen nunmal keine Ausbildung machen, sondern studieren? Schnell zurück und zu den Studienempfehlungen. Doch heute ist offenbar nicht mein Tag: Ich finde nicht mehr zurück.

Verzweifelt bearbeite ich nun einen Test nach dem anderen, um endlich zu den Studienempfehlungen zu kommen. Beim Leistungstest überspringe ich die Übungsaufgaben und erziele mittlere Leistungen – egal, weiter. Bei der Frage, ob ich studieren wollen würde, lande ich einen sicheren Treffer: Alles andere kommt nicht in Frage.

Studienempfehlungen passen wenig

Dann finde ich doch noch zu den Studienempfehlungen. Danach sieht mich Blicksta als Lehrer. Das Lehramt passt zu 100 %, meint Blicksta, oh du rätselaftes Portal. Ein Berater-Beruf, hier wird es wärmer, stimmt laut Blicksta zu 86 % mit meinen Interessen überein. Immerhin. Sogar der Karriereberater ist hier aufgeführt. Nur dass der Start in diesem Job direkt nach dem Studium sicher völlig unpassend ist. Anderen etwas über Karriere erzählen aber selbst gerade das Studium beendet haben? Ein Ding der Unmöglickeit.

Da weder Wirtschaftspsychologie noch Psychologie zu den empfohlenen Studiengängen gehört, klicke ich mich weiter auf dem Portal durch, bis ich die Matching-Ergebnisse zu diesen Studiengängen finde. Pychologie wird zu schlappen 50 % für gut befunden, Wirtschaftspsychologie nur zu 46 %. Wäre ich in der Berufsorientierung, würde ich das so auffassen, das Blicksta mir abrät. Als Gegenprobe teste ich Fächer wie Jura (das ich unter Rechtswissenschaft entdecke) und das tatsächlich noch weniger zu mir passt. Sowohl laut Blicksta (36 %), als auch nach meiner Selbsteinschätzung – immerhin, das stimmt. Insgesamt aber: Wie froh bin ich, dass ich meine Studienentscheidung damals nicht auf einen Test wie Blicksta baute.

Dazwischen trage ich noch meinen Abischnitt und die Noten in wichtigen Fächern ein. Die Empfehlungen ändern sich dadurch überhaupt nicht – das Matching scheint rein auf meinen Interessen zu beruhen. Was aber, wie anzunehmen, wenn die Persönlichkeit eine wichtigere Rolle bei der erfolgreichen Berufswahl spielt, als die Interessen?

Und sind die Noten nicht doch von Belang? Bei meinem Lieblingsschulfach freue ich mich außerdem darauf, Musik – und sonst nichts (bezogen auf den Leistungskurs) – angeben zu können. Doch das wird gar nicht angeboten (nur Kunst und ähnliche – für mich unähnlich). Wie will das Portal dann Musik-Berufe matchen?

Fazit: Beratung hilft

Ganz im Sinne meiner Blogserie zur Berufswahl bestätigt sich eine meiner Grundtesen: Ein Test alleine ist irreführend und insofern gefährlich. Eine Hilfe kann er allerdings sein, wenn man ihn nicht zu ernst nimmt. Wichtig ist es in jedem Fall, weitere Quellen für die Information zu nutzen. Hilfreich ist sicherlich ein guter älterer Mentor bzw. ein professioneller Berater (Angebot).

Super-Idee, konkurrenzlos

Von der Idee Blicksta bin ich begeistert. Der Praxistest gibt Anlass auf eine positive Weiterentwicklung der Plattform zu hoffen. Momentan ist das Angebot konkurrenzlos. Dafür muss man auch Bertelsmann in Kauf nehmen. Gero Hesse und seine Gütersloher Medienfabrik schätze ich. Die Bertelsmann-Stiftung, ein wichtiges Sprachrohr des Konzerns, ist mit Vorsicht zu genießen (vgl. hier).

Hilfe bei der Berufswahl? Lesen Sie hierzu meine 8-teilige Blogserie mit zahlreichen Links. Teil 1.

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