Anschreiben – leicht gemacht

Das Bewerbungsschreiben ist für viele die höchste Hürde beim Erstellen einer Bewerbung. Zu Recht haben sie Respekt vor der Frage: Wie fülle ich die große weiße Fläche vor mir? Wie stelle ich es an, dass mein Herzblut drinn steckt und ich überzeuge?

Mit anderen Worten: Sie befrachten das Problem der Leere mit einem hohen Anspruch – der es nicht unbedingt einfacher macht. Allerdings ist das Streben nach einem guten Anschreiben sinnvoll. Guter Rat tut also Not. Nach fast zwanzig Jahren Erfahrung als Berater in Sachen Karriere und Bewerbung halte ich die folgende Handreichung für besonders hilfreich: Die gute Gliederung des Anschreibens.

Die Bedeutung der Gliederung

Stellen Sie sich bitte vor, Sie teilen das große, erdrückende Nichts vor Ihnen in kleine, handhabbare Teile. Wenn Sie keine Master-Thesis oder einen Roman am Stück schreiben können, so wird es Ihnen doch gelingen, ein paar Sätze aneinander zu reihen. Unter einer Voraussetzung: Dass Sie genau wissen, was diese Sätze sagen sollen. Dies leistet eine Gliederung.

Gehen wir vom Anschreiben aus, das sehr viel kleiner ist, als eine Abschlussarbeit oder ein längeres Prosawerk. In den meisten Fällen reden wir über eine Seite. Nicht einmal eng beschrieben. Wenn Sie nun diese eine Seite nochmals in ein paar sinnvolle Teile spalten, vollzieht sich der Wandel: Aus dem erdrückenden Riesending werden überschaubare Häppchen.

Soweit, so grundsätzlich. Nun habe ich über die Jahre viele Gliederungsideen kennen gelernt, die alle ganz gut sind. Das Problem ist nur: Sie sind teilweise schlecht umzusetzen für ungeübte Schreiber. Im folgenden möchte ich Ihnen drei Gliederungsideen vorstellen.

Die sachliche Gliederung fürs Anschreiben

Die erste, ausgesprochen einleuchtende und verbreitete Gliederungs-Idee:

  • Einleitung
  • Fachliches
  • Persönliches
  • Schluss

In der Einleitung nehmen Sie Bezug auf ein Telefonat oder die Stellenanzeige. Im fachlichen Abschnitt folgen Ihre Ausbildung, Berufserfahrung und Qualifikationen. Dann erklären Sie kurz, was Sie persönlich auszeichnet. Am Ende drücken Sie die Bereitschaft für ein Vorstellungsgespräch aus. Gegebenenfalls stehen direkt davor noch die Angabe eines Zielgehalts (falls verlangt) und des frühesten Eintritttermins. Fertig.

Klingt einfach, oder? Ist es aber eher nicht. Diese Gliederung bringt zweifelsohne Ordnung ins Chaos vieler Anschreiben. D.h. ein vorhandenes Anschreiben können Sie damit auf die innere Ordnung überprüfen und optimieren. Um eine weiße Fläche mutig zu füllen, taugt diese Gliederung nach meiner Erfahrung dagegen eher weniger. Der Grund: “Das Fachliche” ist zu groß. Zudem lädt “das Persönliche” zum bloßen Aufzählen von Soft Skills ein. Fazit: Mit dieser Gliederung können Sie Ihr bereits vorhandenes Anschreiben ordnen. Um überhaupt eines zu erstellen, taugt sie nicht.

Die anspruchsvolle Gliederung fürs Anschreiben

Ich selbst empfahl in den letzten Jahren folgende Gliederung:

  • Einleitung
  • Top 3 – Argumente
  • Schluss

Zentral sind also die Top-Argumente, die für Sie als Bewerber sprechen. Tatsächlich bringt dies großartige Vorteile. Drei Argumente kann sich jeder merken. Es ist eine wunderbare Zahl, vom “Dreieinigen Gott” bis zum “quadratisch-praktisch-gut” in der Werbung hat sich die “drei” bewährt. Ich persönlich komme oft zu einer Dreiteilung von Themen.

Die “Top 3” sind genau jene Argumente, die auch im Vorstellungsgespräch abgefragt werden: “Nennen Sie uns bitte drei Argumente, weshalb wir Sie einstellen sollten!” Sie müssen sich also ohnehin auf diese Frage vorbereiten. Und wenn im Unternehmen besprochen wird, wem letztlich ein Angebot gemacht werden soll, helfen Ihre 3-Top Argumente, klar kommuniziert, sehr gut weiter.

Ich bin tatsächlich voll und ganz überzeugt von dieser Gliederung. Man sieht sich selbst durch die Brille der Personalabteilung und das ist genau die Richtige, um sich die Pole-Position bei der Bewerberauswahl zu sichern. Nun kommt das große ABER: Den meisten Bewerbern gelingt das nicht! Sie können sich nicht von außen und den Auswahlprozess mit Abstand betrachten. Sie müssten die 7 Anforderungen und drei weiteren Wünsche aus der Stellenanzeige einerseits und ihr eigenes Profil auf drei Schnittstellenargumente verdichten. Das ist für die Bewerber selbst auch schwer, wie sich immer wieder zeigt. Daraus folgt als Fazit: Diese Gliederung taugt in der Praxis für mich als Berater,- aber weniger für Sie als Bewerber/in.

Die Gliederung mit Zug zum Ziel

Nun folgt die von mir aktuell als Handreichung für Bewerber präferierte Gliederung. Meiner Erfahrung nach verbindet sie den Zug zum Ziel mit einer erheblichen Schreibhilfe für “den Laien-Texter”.

  • Einleitung
  • Ich bin
  • Ich kann
  • Ich will
  • Schluss

Im Teil “ich bin” beschreiben Sie kurz Ihre Ausbildung und Ihre Berufserfahrung. Beispiel: “Ich bin Maschinenbauingenieur mit fünf Jahren Berufserfahrung.” oder “Nach meinem Studienabschluss als Maschinenbauingenieur sammelte ich zwei Jahre Berufserfahrung in der Entwicklung von Antriebskonzepten. Seit drei Jahren bin ich als Versuchsingenieur in der Motorenentwicklung tätig.”

Im Teil “ich kann” zählen Sie konkrete (Kern-)Aufgaben auf, die sie bearbeitet haben und die für die Zielstelle relevant sind. Außerdem gehören in diesen Teil Erfahrungen mit relevanten Computerprogrammen, Sprachen, Auslandsaufenthalte, Zusatzqualifikationen. Auch hier gilt, dass es Punkte sind, die in der Schnittmenge Ihrer beruflichen Erfahrungen und den Anforderungen für die Zielstelle liegen. “Meine konkreten Erfahrungen beziehen sich auf …” oder “Schwerpunkte meiner aktuellen Tätigkeit sind …”

Im nächsten Abschnitt “Ich will” erklären Sie nun, weshalb Sie sich in die vorliegende Zielstelle entwickeln wollen. “Die von Ihnen beschriebene Stelle bietet mir nun die Möglichkeit ..” Oder: “In der von Ihnen angebotenen Position sehe ich den passenden nächsten Schritt, da ….”

Im Idealfall basteln Sie so lange am Text, bis ein Zug entsteht, dem sich die Leser kaum entziehen können. Aus der passenden Basis, auf der Ihre Karriere gründet, und den geeigneten konkreten Erfahrungen folgt die Zielstelle als logische Konsequenz. Wen sollte man nehmen, wenn nicht Sie? Die Arbeit am Anschreiben lohnt sich zugleich fürs Vorstellungsgespräch. Auf die Frage, “was haben Sie bisher beruflich gemacht” oder “Schildern Sie bitte Ihren Werdegang” bringen Sie genau die beschriebene Argumentation zu Gehör.

Glauben Sie mir: Das wird in den Gedächtnissen Ihrer Hörer hängen bleiben wie ein Ohrwurm und es wird die Lust erzeugen, Sie lieber heute als morgen einzustellen!

Dazu passt: Anschreiben – so gelingt der erste Satz

 

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