Neues von Herrn Schlau – Weiterbildung heute

Vor einem dreiviertel Jahr schrieb ich hier über eine kritische Entwicklung in der Bildungsbranche. Insbesondere Weiterbildungen, deren Teilnehmer vorrangig durch die Arbeitsagentur gestellt werden, finden immer häufiger ohne direkten Lehrer statt. Hierzu bin ich inzwischen schlauer – und teile meine Erkenntnisse gerne mit Ihnen.

3 Formen des Lernens

Heute lassen sich vorwiegend drei Formen des Lernens unterscheiden. Erstens Präsenzlernen. Vorne steht ein Lehrer – wie früher in der Schule. Zweitens: Das Lernprogramm liegt auf einem Server. Häufig sitzen in einem Klassenraum Teilnehmende vor ihren PCs. Und bei 15 Lernenden gibt es mindestens 3 verschiedene Themen. Im Extremfall 15. Ein Helfer – für alle Themen – ist vor Ort. Drittens: Virtuelle Klassenzimmer. Die Lernenden sind in Stuttgart – aber auch in anderen Bildungszentren an weiteren Orten online dabei. Sie haben zwei Bildschirme. Auf einem bearbeiten sie ihre Übungen. Auf dem anderen sind sie im Kontakt mit dem Dozenten oder der Dozentin und den anderen Teilnehmern.

Qualitative Unterschiede

In jeder Lernform gibt es kritische Faktoren für den Lernerfolg. Im Präsenzlernen hängt viel von Dozent / Dozentin ab. In den computer-orientierten Lernformen bleibt dieser Aspekt erhalten. Dazu kommt das Funktionieren der Technik und insbesondere die Gestaltung der Räumlichkeiten. In einem kleinen Raum mit fünf Lernenden ist beispielsweise einfach mehr Ruhe, als in größeren Klassenzimmern.

Virtuelles Lernen dürfte einen Qualitätsvorsprung vor den Serverprogrammen haben. Es macht ein prozessorientiertes Vorgehen möglich. Die individuelle Betreuung wird häufig kompetenter sein, da der Unterricht vom fachkompetenten Personal direkt kommt. Bei den Serverprogrammen sind es speziell geschulte Lernbetreuer, die aber inhaltlich verschiedene Themen abdecken müssen.

Überraschende Vorteile des virtuellen Lernens

Präsenzlernen hatte für mich immer klare Vorteile. Nach der Begleitung verschiedener Teilnehmer in den letzten Monaten trat für mich jedoch ein unerwarteter Effekt zu Tage. Ein Vorteil des virtuellen Klassenzimmers, der auf keiner Werbebroschüre steht und auch gar nicht vorgesehen war!

In der Präsenzform wird wiederholt, was jeder von der Schule kennt. Eine Klasse, ein Lehrer. Häufig gibt es die alten Rollen wieder: Die des Klassenclowns, die des Träumers in der letzten Reihe, die der Lieblingsschüler, Streber und Looser. Die Rolle entscheidet wesentlich mit, wie viel gelernt wird.

Menschen, die sich mit einem virtuellen Lernsystem herum plagen, müssen zweierlei lernen: Selbstorganisation und Komplexität. Das Arbeiten mit zwei Bildschirmen und mehreren Informationskanälen gleichzeitig macht es notwendig, dass man in diesen Disziplinen Fortschritte macht. Akademiker, die zuvor schon einen komplexen Job hatten, brauchen diese Schulung weniger. Sie hatten sie schon während des Studiums. Für alle anderen winkt dagegen eine Fähigkeit, die heute immer mehr gefragt ist: Der Umgang mit komplexen Informationen. Die Selbstorganisation in einem schwierigen beruflichen Umfeld.

Wer sich durch ein virtuelles Lern-System gebissen hat und schrittweise zum Erfolg darin kam, traut sich einiges zu. Beispielsweise verbessert sich die Beharrlichkeit beim Bewerben. Und Schwierigkeiten im neuen Job werden zuversichtlicher angegangen. So gelangen die virtuellen Lerner leichter zum  Job und behalten ihn eher. Und darum geht es vielen in der Hauptsache.

Fazit

Dennoch bleibt sicherlich eines wahr: Suchen Sie sich Ihren Bildungsparnter genau aus! Wählen Sie nach Ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten. Aber berücksichtigen Sie – neben den üblichen Argumenten – auch den indirekten Zugewinn in Sachen Komplexität und Selbstorganisation.

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